Distanzübungen - wie wirken sie?
Distanzübungen bieten einen anderen Ansatz als klassische Methoden, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit von belastenden Gedanken abzulenken oder diese bewusst zu unterbrechen. Bei Distanzübungen geht es nicht darum, den Gedanken auszuweichen, sondern sie bewusst wahrzunehmen – jedoch mit einer gewissen inneren Distanz, sodass sie nicht mehr die gleiche Macht über uns haben. Sie lernen, Ihre Gedanken zu beobachten, ohne sich vollständig mit ihnen zu identifizieren oder von ihnen vereinnahmen zu lassen.
Häufig sind wir so in unsere Gedanken verstrickt, dass wir sie als absolute Wahrheiten ansehen – wir fühlen uns regelrecht „verschmolzen“ mit ihnen. In der Psychologie spricht man hier von „Fusion“, was bedeutet, dass wir unsere Gedanken als Fakten wahrnehmen und unser Verhalten und unsere Emotionen danach ausrichten. Dies kann hilfreich sein, wenn es sich um konstruktive Gedanken handelt, aber bei negativen Gedanken, Grübeleien oder Sorgen verstärkt diese „Fusion“ nur Stress, Angst und innere Anspannung.

Distanzübungen helfen uns, aus dieser gedanklichen Verschmelzung auszutreten, indem wir lernen, zwischen dem „Denker“ und dem „Beobachter“ zu unterscheiden. Der Denker produziert die Gedanken, während der Beobachter sie lediglich wahrnimmt, ohne sich emotional in sie hineinziehen zu lassen. Dies nennt man „Defusion“ – das bewusste Wahrnehmen der Gedanken aus der Distanz, sodass wir nicht länger von ihnen bestimmt werden. Wenn wir unsere Gedanken als Beobachter statt als Teil ihrer Identität wahrnehmen, gewinnen wir die Kontrolle zurück und können lernen, auf gesunde Weise mit ihnen umzugehen.

Ein einfaches Beispiel zur Veranschaulichung: Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer Achterbahn auf einem Volksfest. Wenn Sie ein Teilnehmer sind, steigen Sie in den Wagen und erleben die Fahrt hautnah, mit all ihren Nervenkitzeln und Emotionen. Ihre Gefühle bestimmen die gesamte Erfahrung. Wenn Sie jedoch als Beobachter am Eingang bleiben, sehen Sie die Fahrt aus der Ferne – Sie nehmen die Gesichter der Fahrgäste wahr, deren Reaktionen auf die Fahrt, aber bleiben selbst ruhig und unbeteiligt. Diese Perspektive hilft, Emotionen und Gedanken aus einer distanzierten Haltung zu betrachten, ohne sich selbst in den Strudel hineinzuziehen.
Im Alltag können wir uns bewusst entscheiden, ob wir uns in die „Achterbahn“ unserer Gedanken hineinziehen lassen oder ob wir als unbeteiligte Beobachter die Kontrolle behalten. Diese Distanz ermöglicht es uns, mit unseren Gedanken anders umzugehen und die Möglichkeit zu schaffen, sie konstruktiver zu gestalten. In diesem Kapitel lernen Sie verschiedene Übungen kennen, die Ihnen helfen, diese innere Distanz zu entwickeln und Ihren Gedanken mit mehr Klarheit und Gelassenheit zu begegnen.